Redebeitrag Ortskomitee Dresden Women Defend Rojava & IFK

Der folgende Redebeitrag wurde am 18.07.2021 vom Ortskomitee Dresden von Women Defend Rojava und der Initiative für Frieden in Kurdistan zur Eröffnung der Demonstration in Dresden zum 9. Jahrestag der Revolution in Rojava verlesen.

Liebe Freund:innen,

Wir, das Dresdner Ortskomitee von Women Defend Rojava und die Initiative für Fireden in Kurdistan freuen uns sehr, euch alle hier zu sehen.

Wir sind heute anlässlich des Jahrestages der sozialen Revolution in der demokratischen Föderation Nord- Ostsyrien/Rojava gemeinsam auf der Straße! Wir demonstrieren vereint im Kampf um Befreiung, zur Verteidigung der demokratischen, feministischen und ökologischen Revolution im Mittleren Osten und weltweit!

Wir protestieren gegen den Krieg der faschistischen türkischen Regierung Erdoğans und dessen Unterstützung durch die Regierung der Bundesrepublik Deutschland. Dieser bedroht nicht nur Rojava. Auch der Süden Kurdistans wird, jetzt gerade, von Erdoğan und seinen deutschen Unterstützer*innen attackiert. Diese Angriffe gelten nicht nur den kurdischen Freund*innen, sondern der Idee einer besseren Welt und damit letztlich uns allen. Zeigen wir deshalb unsere weltweite Solidarität mit allen freiheitlichen Bewegungen und Kämpfen für das gute Leben für Alle!

Wir feiern die vielen Errungenschaften, wie das Frauendorf Jinwar. In dem Frauen das Bewusstsein, die Stärke und Kreativität erlangen können, die im Laufe des historischen Prozesses einer immer tieferen und umfassenderen Systematisierung von Staat, Kapitalismus und Patrichat immer weiter ausgehöhlt wurden. Wir schauen auf über 4300 Kooperativen und Kollektive, die sich in den letzten Jahren gegründet haben und ihre Arbeit gemeinsam organisieren, ohne dass es einen Chef gibt, der sich an ihnen bereichern kann. Wir studieren die Praxis des Demokratischen Konföderalismus und die Entstehung von mehreren tausend Communen in einer basisdemokratischen und selbstverwaltenden Gesellschaft. Wir freuen uns auf neue Ergebnisse der Wissenschaft der Frau, der Jineologi, die in internationalen Zusammenhängen die Geschichte der Unterdrückten erzählt und sie gleichzeitig in den vielen Akademien und Bildungen weltweit zu kritischen Denken ermütigt, anstatt uns zu kosumierenden, autoritätstreuen Kapitalist*innen zu verwandeln. 

Wir blicken gespannt auf die Entwicklung des vor noch nicht allzulangerzeit ausgerufenen Demokratische Autonomierat Şengal und auf die Entwicklungen in den anderen Teilen Kurdistans.

Alles das feiern wir heute, am 9. Jahrestag einer der bedeutendsten Revolutionen des 21. Jahrhunderts: Die  Revolution von Rojava ist ein Leuchtfeuer der Hoffnung für andere Teile Syriens, den Mittleren Osten insgesamt und letztlich die ganze Welt.

Aber wir sind heute nicht nur hier, um die Revolution in Rojava zu feiern. Diese Revolution steht stellvertretend für einen Kampf, der überall auf der Welt geführt wird: In Chiapas, im Nahen Osten aber auch in den Zentren der kapitalistischen Moderne, wie auch Europa und insbesondere Deutschland eines ist.
Wir leben in einer Zeit, in der die kapitalistische Moderne immer weiter ihrem Höhepunkt entgegen geht. In der die Zerstörung unserer Welt unaufhaltsam voran schreitet, in der Patriarchale Gewalt immer noch unzählige FLINTA trifft, sie unterdrückt, sie einsperrt, sie um ihr Leben bringt.

Eine Zeit, in der Millionen unter unmenschlichsten Produktionsbedingungen leiden und in der selbst jene, die in diesen Bedingungen relativ gut leben, sich ihnen nicht entziehen können: eingepfercht zwischen endloser Erwerbsarbeit, seelenlosem Konsum, entmenschlicht von der Konkurrenz – ums ganze Leben betrogen.

Nicht selten  erleben wir diese Zeit als alternativlos, als die angeblich beste aller Gesellschaften – das so genannte „Ende der Geschichte“.

Viele Menschen haben sich insgeheim oder ganz offen in die Hoffnungslosigkeit dieser kapitalistischen Moderne gefügt. Jene die es nicht getan haben, sind jeden Tag konfrontiert mit der vollen Gewalt des Staates: Mit Bespitzelung, Verfolgung, Vertreibung und Krieg. Von deutschen Bullen, die uns und unsere Freund*innen terrorisieren, über Knäste, die gefüllt sind mit unseren Genoss:innen und Kompliz:innen bis auf die Gefängnisinsel Imrali, wo der Vordenker dieser Revolution, Abdullah Öcalan seit über 20 Jahren in Isolationshaft gehalten wird.
Der Staat zeigt sich hier von seiner gewalttätigsten, von seiner männlichsten Seite: Durch Gewalt wollen sie unsere Freund:innen brechen und uns in Angst und Resignation treiben.

Weltweit fallen Menschen in diesen Kämpfen oder werden von Bullen ermordet, wie Oury Jallouh, wie Halim Dehner, wie George Floyd, wie Stanislav Tomas und unzählige mehr.

Sehid Namirin! Die Gefallenen sind Unsterblich!

So alt das Patriarchat, so alt ist aber auch der Widerstand! 5000 Jahre Ausbeutung, Ermordung und Krieg gegen Frauen, Lesben, Trans-, Inter-, Nicht Binären Personen und Queers, 5000 Jahre Unterdrückung des freien Menschen – bedeuten auch 5000 Jahre Auflehnung und Widerstand! Wir sind nicht allein, wir haben eine Geschichte – und damit eine Verantwortung! Auch heute sind es die feministischen und ökologischen Bewegungen und Revolutionen die uns zeigen, dass wir die Welt verändern können! Dass wir die Welt verändern müssen! In Rojava kämpfen hunderttausende von Frauen an der Spitze einer Revolution! Ihre Überzeugung, ihre Stärke und ihre Liebe sind das Feuer in unseren Herzen!

Deshalb lautet heute, an diesem Jahrestag der Revolution und für immer unsere Botschaft an die kapitalistische Moderne und ihre Schergen:

Ihr werdet uns und unsere Freund:innen nicht brechen! Wir glauben eure Lügen nicht! Wir wissen, dass es jenseits dieses Lebens, noch ein anderes gibt!

Jenseits von Staat, jenseits von cis-Männermacht, ein freies Leben für alle. Wir wissen, was es bedeutet, wenn Frauen für ihre Befreiung kämpfen. Wir wissen, dass eure Konkurrenz künstlich ist und was es bedeutet, wenn Menschen versuchen Verantwortung füreinander und ihre Umwelt zu übernehmen, als Gleiche unter Gleichen in einer ökologischen Gesellschaft! Wir wissen das, denn unsere Freund:innen in Rojava, in Chiapas und an vielen Orten mehr, haben es uns gezeigt!  So wie sie Hoffnung für uns sind, ist es unsere Aufgabe, von ihnen zu lernen und Hoffnung für sie zu sein. Als Zellen des Widerstandes in den Zentren der kapitalistischen Moderne. Indem wir diesem System dort in den Rücken fallen, wo es sich am stabilsten wähnt. Indem wir grade hier Alternativen zu dem bestehenden Falschen aufbauen. Indem wir uns verbünden, indem wir voneinander lernen, indem wir diskutieren und streiten, indem wir Versuche unternehmen, indem wir scheitern und trotzdem weiter machen. Indem wir ein Rückhalt füreinander sind und Solidarität üben, mit all unseren Freund:innen weltweit.

Überall gibt es Angriffe auf unsere Bewegungen und Ideen, überall führen sie Krieg gegen die Menschen die sich auflehnen, überall versuchen sie uns klein zu halten und zu spalten! Wir stehen hier gemeinsam – über ihre Grenzen hinweg, verbunden durch unsere Solidarität und Liebe. Wir Alle sind die Menschen, die gemeinsam für den Frieden, das gute Leben, die Erhaltung unserer Erde und unserer Zukunft kämpfen! Schicken wir unsere Liebe und Kraft raus in die Welt, zu unseren kämpfenden Freund*innen und Kompliz*innen von Chiapas bis Rojava! Abdullah Öcalan hat einmal gesagt: „Das erträumte Leben lässt sich nicht durch Wunder, sondern durch Revolution erreichen!“ Lasst uns dieses erträumte Leben heute, hier auf die Straße tragen. Lasst uns ein Blick in die Zukunft sein, in der Unterdrückung, Ausbeutung, Patriarchat und Krieg Geschichte sind. Lasst uns entschlossen und laut durch die Stadt ziehen und Teil sein, dieser Hoffnung auf ein besseres Leben!

Es lebe der Widerstand!

Es lebe die internationale Solidarität!
Es lebe die Revolution!
Biji Berxwerdan!